Symptome in den Wechseljahren
Migräne in der Perimenopause
Viele Frauen leiden unter unterschiedlichen Formen der Migräne. Doch wie verändern sich die Symptome in den Wechseljahren?
Was ist Migräne?
Die Migräne ist eine komplexe Erkrankung, die durch eine Überaktivierung eines Nerven (Trigeminusnerv) und die darauffolgende Entzündung von Nervengewebe sowie durch die Erweiterung von Gefäßen im Gehirn charakterisiert ist. Ein entscheidender Faktor ist der Mangel von Serotonin (einem Botenstoff im Nervensystem), der sowohl die Entstehung der Migräne als auch die Intensität der Kopfschmerzen beeinflusst. Corticale Spreading Depression und die zentralen Sensibilisierungsprozesse im Gehirn tragen dazu bei, dass ein Migräneanfall ausgelöst und verstärkt wird. Die hormonelle Regulation, insbesondere in der Perimenopause, und genetische Faktoren spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Entstehung und dem Verlauf der Migräne.
Migräne betrifft etwa doppelt so viele Frauen wie Männer (14 % vs. 8 %), und bei etwa 3–5 % der Kinder wird ebenfalls Migräne diagnostiziert. Es besteht eine genetische Veranlagung mit familiärer Häufung. Die Diagnose wird meist in der Jugend oder im frühen Erwachsenenalter gestellt.
Viele Betroffene berichten über sogenannte Trigger, die eine Attacke auslösen können – z. B. bestimmte Nahrungsmittel, Wetterwechsel, Alkohol, hormonelle Schwankungen, Stress oder Schlafmangel.
Typische Merkmale der Migränekopfschmerzen sind:
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Anfallsartig und periodisch auftretend
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Dauer: 4–72 Stunden
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Häufig einseitig, pulsierend oder pochend
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Verstärkung durch körperliche Aktivität
Begleitsymptome können u. a. sein:
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Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit
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Licht-, Lärm- und Geruchsempfindlichkeit
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Schweißausbrüche, Konzentrationsstörungen
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Bei Migräne mit Aura: neurologische Symptome wie Sehstörungen oder Sensibilitätsausfälle
Welche Formen der Migräne gibt es?
Die wichtigsten Migräneformen in der Perimenopause sind:
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Migräne ohne Aura: Klassische Kopfschmerzattacken mit den oben beschriebenen Symptomen, die mindestens fünfmal aufgetreten sein müssen, um die Diagnose zu stellen. Der neurologischer Untersuchungsbefund ist in der Regel unauffällig.
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Migräne mit Aura: Es treten über 5–20 Minuten neurologische Symptome auf (z. B. Augenflimmern, Gesichtsfeldausfälle, Wortfindungsstörungen, einseitige Sensibilitätsstörungen oder Schwäche), die in der Regel nicht länger als 60 Minuten andauern. Anschließend folgt meist die Kopfschmerzphase. Die Symptome bilden sich vollständig zurück.
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Menstruelle Migräne: Tritt ausschließlich in Zusammenhang mit der Menstruation auf (zwischen zwei Tagen vor bis drei Tage nach Beginn der Blutung). In der übrigen Zykluszeit sin die Patientinnen in der Regel migränefrei.
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Menstruationsassoziierte Migräne: Migräneattacken treten überwiegend, aber nicht ausschließlich, um die Menstruation herum auf.
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Vestibuläre Migräne: Gekennzeichnet durch wiederkehrenden Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Übelkeit – oft ohne klassische Kopfschmerzen.
Komplikationen bei Migräne:
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Komplizierte Migräne: Aurasymptome bestehen länger als eine Woche, ohne pathologischen Befund in der Bildgebung.
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Status migraenosus: Migräneattacke hält länger als 72 Stunden an oder kommt nach kurzer Pause (< 4 Stunden) wieder.
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Migränöser Infarkt: Seltene Komplikation, bei der neurologische Ausfälle länger als 7 Tage anhalten und in der Bildgebung ein Hirninfarkt nachgewiesen werden kann. Tritt v. a. bei Migräne mit Aura auf.
Wie wird Migräne diagnostiziert?
Die Diagnosestellung erfolgt anhand der Kriterien der International Headache Society (IHS). Entscheidend sind Anzahl und Dauer der Attacken, Schmerzcharakteristik und Begleitsymptome. Bei Migräne mit Aura kommen spezifische neurologische Kriterien hinzu.
Migräne in den Wechseljahren
Viele Frauen erleben während der Perimenopause eine Veränderung der Häufigkeit und Intensität ihrer Migräneattacken. Der Höhepunkt der Migräneaktivität liegt meist zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr.
Migräne ist stark mit dem Östrogenspiegel verknüpft: Stabile Östrogenspiegel wirken protektiv gegen Migräne. Plötzliche Östrogenschwankungen, wie sie in der Perimenopause oder auch während Pillenpausen oder der Frühschwangerschaft auftreten, können Migräne auslösen oder verstärken. Ein zu hoher Östrogenspiegel erhöht vor allem bei Migräne mit Aura das Risiko für neurologische Symptome.
Besondere Aspekte in der Perimenopause:
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Erhöhte Anfallshäufigkeit durch hormonelle Instabilität
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Verstärkte Schmerzempfindung durch veränderte Neurotransmitteraktivität
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Oft Besserung der Migräne in der Postmenopause bei stabil niedrigem Östrogenspiegel
Einfluss der Wechseljahre auf Migränemedikamente:
Die hormonelle Umstellung kann die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Medikamenten beeinflussen:
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Triptane bleiben wirksam, sollten aber bei kardiovaskulären Risikofaktoren vorsichtig eingesetzt werden.
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NSAR wie Ibuprofen oder Naproxen helfen bei leichten bis mittelstarken Anfällen.
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Betablocker oder Antikonvulsiva können zur Prophylaxe eingesetzt werden.
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Wichtig: Regelmäßige ärztliche Kontrolle und ggf. Anpassung der Therapie.
Hormontherapie: Einfluss auf Migräne
Eine kontinuierlich niedrig dosierte Hormontherapie kann hormonelle Schwankungen ausgleichen und Migräne stabilisieren.
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Transdermale Östrogene (z. B. Pflaster) mit gleichmäßiger Abgabe sind oft besser verträglich als Tabletten und erhöhen micht noch zusätzlich das Thromboserisiko.
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Hochdosierte oder zyklische HRT kann Migräne verschlechtern.
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Bei Migräne mit Aura ist vor HRT unbedingt eine ärztliche Abklärung nötig – aufgrund eines erhöhten Schlaganfallrisikos.
Migräne, Wechseljahre & kardiovaskuläres Risiko
Frauen mit Migräne (insbesondere mit Aura) haben ein leicht erhöhtes Risiko für Schlaganfall und andere kardiovaskuläre Erkrankungen – ein Risiko, das sich in der Menopause zusätzlich erhöht.
Empfohlene Maßnahmen:
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Blutdruckkontrolle und ggf. -behandlung
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kein Niktoinkonsum
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Regelmäßige kardiologische Überwachung
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Keine HRT oder hormonelle Kontrazeptiva in Tablettenform bei Aura-Migräne
Lebensstilmaßnahmen zur Migräneprävention
Neben Medikamenten spielen nicht- medikamentöse Strategien eine zentrale Rolle:
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Regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus
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Ausgewogene Ernährung, Vermeidung von Triggern (z. B. Alkohol, Koffein, Glutamat)
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Moderate Bewegung, Stressreduktion, Entspannungsverfahren (z. B. Yoga, Meditation)
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Ausreichend Flüssigkeitszufuhr
Fazit
Migräne in der Perimenopause stellt für viele Frauen eine große Herausforderung dar – insbesondere durch hormonell bedingte Schwankungen, die Migräne auslösen oder verstärken können. Ein stabiler, möglichst konstanter Östrogenspiegel wirkt häufig lindernd – sowohl ein rapider Abfall als auch ein plötzlicher Anstieg sollten vermieden werden.
Eine individuell abgestimmte Behandlung – bestehend aus medikamentöser Akut- und Prophylaxetherapie, gegebenenfalls hormoneller Unterstützung und gezielten Lebensstilmaßnahmen – kann die Lebensqualität deutlich verbessern.
In bestimmten Fällen kann ein synthetisches Gestagen (Gelbkörperhormon), das kontinuierlich verabreicht wird, die Eierstockfunktion herunterregulieren und so hormonelle Schwankungen reduzieren. Diese Therapieoption kann bei menstruell bedingter Migräne besonders hilfreich sein. Da Präparate, die nur ein Gestagen enthalten (Gestagenmono Präparat) nicht mit einem erhöhten Thromboserisiko assoziiert sind, sind sie auch bei Frauen mit Migräne (auch mit Aura) in der Regel unbedenklich einsetzbar. Neben Medikamenten spielen nicht- medikamentöse Strategien eine zentrale Rolle.